Hochsensibilität bei Kindern: Was sollten Eltern und Lehrpersonen wissen?
Was ist Hochsensibilität und wie erkennt man sie?
Hochsensibilität ist ein Persönlichkeitsmerkmal, das sich durch eine intensivere Wahrnehmung äusserer und innerer Reize auszeichnet. Hochsensible Kinder reagieren stärker auf ihre Umwelt und benötigen oft besondere Unterstützung, um ihre Veranlagung als Stärke zu erleben. Typische Merkmale sind:
«Mein hochsensibles Kind ist in der Schule so still. Wie kann ich es zum Sprechen ermutigen?»
Du bist heute zu Besuch in der Schule. Etwas verwundert stellst du fest, dass dein Kind kaum spricht und sich sehr zurückhaltend verhält. Du denkst, es liegt am Besuchsmorgen, aber die Lehrperson bestätigt, dass das immer so ist. So verhält sich dein hochsensibles Kind oft in fremder Umgebung, es sei denn, es fühlt sich sehr wohl.
Solche Einblicke gebe ich Eltern von hochsensiblen, begabten Kindern in den Elterncoachings.
Zu Hause erlebt man ein anderes Kind. Hier ist es sehr kommunikativ und redet viel. Es ist, als ob es zu Hause alles nachholen muss, was es im Kindergarten und in der Schule nicht gesagt hat.
«(Hoch)begabt? - wie können wir begabte Kinder erkennen und fördern» ein Interview
Goni Boller hat mich für ihren Podcast Entspannter als Eltern – die Tage mit den Kindern mehr geniessen" zum Thema «(Hoch)begabt? - wie können wir begabte Kinder erkennen und fördern» interviewt.
Wir beleuchten Themen wie:
- Hochbegabung bzw. hohe kognitive Potentiale
- Begabungen und die damit verbundenen Herausforderungen
- Fehl- und Doppeldiagnosen und Twice Exceptionality
- Mythen und Vorurteile im Zusammenhang mit Hochbegabung
Ich erzähle, was Begabung für mich bedeutet und wie man begabte Kinder erkennt. Dabei sind Begabungen vielfältig und umfassen nicht nur ein hohes kognitives Potential. Damit sich Kinder gut entwickeln können, ist es wichtig, dass Eltern die Stärken und Begabungen ihrer Kinder beobachten und fördern.
Wie kannst du das Selbstvertrauen deines hochsensiblen Kindes mit hohem Potential/Hochbegabung stärken?
Du bemerkst die Unsicherheit deines hochsensiblen Kindes. Das Gleichgewicht ist fragil, es braucht wenig und dein Kind fühlt sich nicht mehr wohl und ist verunsichert.
Einige Situationen, die dir auffallen.
- In neuen Situationen ist dein Kind sehr zurückhaltend und braucht lange, um sich zurechtzufinden und sich zu öffnen.
- Beobachtungen, die du aus der Schule oder dem Kindergarten zurückbekommst, sind Zurückhaltung und wenig verbale Aktivität.
- Zu Hause nimmst du dein Kind ganz anders wahr, es ist laut, fordernd und lässt in der gewohnten Umgebung Dampf ab.
- Dein hochsensibles, begabtes Kind ist wenig risikofreudig, das zeigt sich bei allem Neuen, auch bei unbekanntem Schulstoff. Es verzweifelt schnell und es braucht nicht viel, um das fragile Selbstbild deines Kindes ins Wanken zu bringen.
- Ein weiteres Phänomen, das dir auffällt, ist, dass dein Kind sich selbst, seine Gefühle und seinen Körper nicht so gut wahrnehmen kann.
Hochbegabte, hochsensible Kleinkinder - wie begleiten und fördern?
Was sind Anzeichen für ein hohes Potential/Hochbegabung?
Einige Beschreibungen aus der Literatur, die sich mit meinen persönlichen Beobachtungen decken, sind überdurchschnittlich lange Konzentrationsspannen, starkes Autonomiebestreben, früher grosser Wortschatz, frühes Interesse an Zahlen und visuelles, räumliches Vorstellungsvermögen, intensive Neugier und Wissensdurst.
Wichtig bei solchen Beschreibungen, die auch im Internet zu finden sind: Sie müssen nicht alle zutreffen. Je nach Begabungsprofil kann sich eine Hochbegabung unterschiedlich zeigen. Wie hoch der Intelligenzquotient konkret ist und ob es sich um eine Hochbegabung handelt (in der Regel um einen IQ von 130), kann nur durch ein psychologisches Testverfahren festgestellt werden. Ob eine Testung sinnvoll ist, muss sorgfältig abgewogen werden. Eine frühe Intelligenztestung ist mit Vorsicht zu genießen. Aussagekräftiges Testergebnis hängt von verschiedenen Faktoren ab. So spielen die „Chemie“ zwischen Testperson und Kind, die gelungene Kontaktaufnahme durch die Testperson, die Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit und das Selbstvertrauen des Kindes eine Rolle. In der Regel sind Tests zu einem späteren Zeitpunkt sinnvoller. Für manche Eltern ist es jedoch wichtig, dass eine Beurteilung nicht nur auf der Grundlage von Vermutungen erfolgt. Die Ergebnisse der Tests können eine Hilfe bei der Entscheidung über die nächsten Schritte sein.
Hochbegabte, hochsensible Kleinkinder - zwischen Gefühlsausbrüchen und Langeweile
In den letzten Wochen habe ich vermehrt Anfragen von Eltern mit Kleinkindern erhalten, die mit den intensiven Emotionen und Gefühlsausbrüchen ihrer Kinder an ihre Grenzen stossen. Oft haben sie schon einiges ausprobiert, leider mit wenig Erfolg.
Die folgenden Beobachtungen sind typisch.
Die Eltern von Sebastian (3 Jahre alt) stellen fest, dass ihr Sohn ein hohes Denktempo hat und eine Idee nach der anderen entwickelt. Sebastians Konzentrationsspannen sind kurz, er braucht viel Anregung, damit er zufrieden ist und für ein paar Augenblicke zur Ruhe zu kommen. Gleichzeitig hat er genaue Vorstellungen, wie er die Dinge haben möchte. Wenn die Dinge nicht so laufen, wie er es sich erhofft, sind Wutausbrüche die Folge.
Visuell-räumlich Begabte mit besonderen Fähigkeiten im mathematischen Denken – wie fördern?
Schon länger mache ich die Beobachtung, dass Kinder, die visuell-räumlich sehr interessiert und begabt sind, oft auch mathematisch, im Speziellen im wahrnehmungsgebundenen logischen Denken, ausserordentliche Stärken zeigen.Da gab es die Beobachtungen im persönlichen Umfeld von einem äusserst guten räumlichen Orientierungssinn, und das schon mit 4 Jahren. Gespielt wurde vor allem aus der Fantasie und mit sehr komplexen dreidimensionalen Gebilden mit Lego und Kappla; in der Schule zeigten sich mit fortgeschrittenem Alter ausserordentlich gute Leistungen in der Mathematik.
Hochsensible Kinder und Essen - wie Konflikte vermeiden und mit Nahrungsmittel das Wohlbefinden der Kinder steigern
Warum entstehen Konflikte beim Essen?
Oft schildern Eltern, wie schwierig die Situationen rund um den Esstisch seien. Sie erzählen, wie heikel ihre Kinder seien und wie eingeschränkt das sei, was diese überhaupt essen. Ihre Vorstellung von gesundem Essen ist so ganz anders als die ihrer Kinder. Generell stehen Reibungsflächen und Konflikte bei der Begleitung von hochsensiblen Kindern oft im Zusammenhang mit der sensorischen Empfindsamkeit, der intensiven Wahrnehmung über die Sinne. Dazu gehören die taktile, akustische, visuelle, olfaktorische und gustatorische (Geruch und Geschmack) Wahrnehmung.
Hilfe, mein Kind ist aggressiv! Was tun?
Ganz schön herausfordernd diese Aggressionen, die Ihnen mit Ihrem Kind zurzeit begegnen. Da werden einem Aussagen wie „du Kuh“, „ich hasse dich“ und noch unschönere Dinge um die Ohren geschlagen. Die verbalen Entgleisungen Ihres Kindes kommen im Moment häufig vor. Manchmal bleibt es nicht dabei, Ihr Kind schlägt und kratzt Sie und wird auch oft handgreiflich gegenüber seinen Geschwistern. Es scheint wenig nötig zu sein, damit die Situationen eskalieren. Bei der Frage, welcher Funke die Situation zum Zünden bringt, sind Sie ratlos.
Was macht das mit Ihnen?
Oft erzählen mir Eltern von aggressiven Kindern von ihrer Hilflosigkeit. Sie probieren verschiedene Erziehungstipps aus – nichts scheint zu nützen. Die Situationen laufen aus dem Ruder, sie erleben sich selbst in der Rolle als Vater oder Mutter nicht mehr als selbstwirksam. Sie fühlen sich sehr abgewertet und nicht respektiert. Manchmal gesellt sich noch die eigene Wut dazu, und sie schaukeln sich gegenseitig in die nächste Eskalationsstufe.
Hochsensible Mütter und Väter – wie mit Stärken und Stolpersteinen umgehen
Dieses feinfühlige Wahrnehmen, das wir (hoch)sensiblen Mütter und Väter oft haben, ist eine so wunderbare Qualität und für unser Umfeld oft ein grosses Geschenk. Feinfühlig sein oder im Schweizerdeutsch auch „gpürig si“ ist genau das, was Babys und Kleinkinder brauchen: feinste Veränderungen im Gesicht des Babys wahrnehmen, das emphatische Fühlen von Stimmungsveränderungen, voraussehen, was das Kleinkind braucht, damit es ihm auch eine Stunde später noch wohlig ist, und Intuition, warum das Kind schreit, denn mit Worten kann es sich noch nicht ausdrücken. Was gibt es Schöneres für Kinder, in einem solch zugewandten und auf ihre Bedürfnisse eingehenden Umfeld aufzuwachsen?
Dann werden die Kinder grösser, im ersten Schritt steht der Kindergarten an, später dann die Schule. Damit sind die Kinder auf dem Weg zur Selbstständigkeit und in ihr eigenständiges Leben – einige früher, andere später.
Auf diesem Weg begegnen uns hochsensiblen Müttern und Vätern einige Herausforderungen, manchmal fühlen sie sich wie Stolpersteine an und sind doch wunderbare Qualitäten, die am richtigen Ort zu strahlen beginnen.