Was sind Anzeichen für ein hohes Potential/Hochbegabung?
Einige Beschreibungen aus der Literatur, die sich mit meinen persönlichen Beobachtungen decken, sind überdurchschnittlich lange Konzentrationsspannen, starkes Autonomiebestreben, früher grosser Wortschatz, frühes Interesse an Zahlen und visuelles, räumliches Vorstellungsvermögen, intensive Neugier und Wissensdurst.
Wichtig bei solchen Beschreibungen, die auch im Internet zu finden sind: Sie müssen nicht alle zutreffen. Je nach Begabungsprofil kann sich eine Hochbegabung unterschiedlich zeigen.
Wie hoch der Intelligenzquotient konkret ist und ob es sich um eine Hochbegabung handelt (in der Regel um einen IQ von 130), kann nur durch ein psychologisches Testverfahren festgestellt werden.
Ob eine Testung sinnvoll ist, muss sorgfältig abgewogen werden. Eine frühe Intelligenztestung ist mit Vorsicht zu genießen. Aussagekräftiges Testergebnis hängt von verschiedenen Faktoren ab. So spielen die „Chemie“ zwischen Testperson und Kind, die gelungene Kontaktaufnahme durch die Testperson, die Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit und das Selbstvertrauen des Kindes eine Rolle. In der Regel sind Tests zu einem späteren Zeitpunkt sinnvoller. Für manche Eltern ist es jedoch wichtig, dass eine Beurteilung nicht nur auf der Grundlage von Vermutungen erfolgt. Die Ergebnisse der Tests können eine Hilfe bei der Entscheidung über die nächsten Schritte sein.
Es kann aber auch vorkommen, dass hohe Testergebnisse zwar auffällig sind, aber nicht unbedingt zu weiteren Maßnahmen im schulischen Umfeld führen. Eine mögliche Empfehlung könnte beispielsweise lauten, eine Klasse zu überspringen. Zumindest in den öffentlichen Schulen des Kantons Zürich gibt es jedoch keine Möglichkeit, den Kindergarten früher zu starten. Die erste Möglichkeit, eine Klasse zu überspringen, besteht nach dem ersten Jahr des Kindergartens in der ersten Klasse. Eine mögliche Begabungsförderung ist oft an die Möglichkeiten der einzelnen Schulen/Kindergärten gebunden. Einige Schulen verfügen über sehr gute Begabungskonzepte, die auch den Kindergarten mit einbeziehen. Andere Schulen sind noch ohne Begabungskonzept und haben ihre Schwerpunkte an anderen Stellen gesetzt.
Welche Möglichkeiten der Förderung gibt es für junge Kinder mit vermuteter Hochbegabung/hohem Potential?
In Tageseinrichtungen wie Kindertagesstätten oder Kindergärten, in der Familie oder in Freizeitangeboten können unterschiedliche Begabungsförderangebote stattfinden. Generell sollte sich die Förderung an den Stärken, Interessen und Begabungen der Kinder orientieren.
Im Folgenden einige Anregungen für die Begabungsförderung in der Familie.
Sehr gut zur Förderung der verschiedensten intellektuellen Fähigkeiten sowie insbesondere auch als Übungsfeld für die Emotionsregulation eignet sich das Regelspiel. Spiele, die verschiedenen Hirnfunktionen zugeordnet sind, finden Sie in der Sammlung des Kinderspitals St.Gallen.
Dann finden Sie im Blog „ Kinderkunst fördern – gestalten mit Haushaltmaterialien“ Anregungen zum Gestalten.
Sehr spannende Experimente zu den verschiedensten Themen
Themen wie Licht, Wasser, Bewegung, Mimik und vieles mehr zu finden.
https://www.stiftung-kinder-forschen.de/de/praxisanregungen/experimente-fuer-kinder
Hier finden sich viele Rätsel für Kinder im Vorschulalter.
Besonders spannend sind die Labyrinthe für visuell begabte Kinder. Neben dem Lösen der Vorlage bietet es sich an, eigene Labyrinthe zu zeichnen, wobei die Komplexität noch weiter zunimmt.
https://www.kinder-malvorlagen.com/zum-ausmalen/vorlagen-raetsel-labyrinth.php
Für die Frühförderung eignen sich auch Lük-Produkte
https://www.lernando.de/bambinoluek
Oft liegt die frühe Förderung in erster Linie in den Händen der Eltern, die oft ein enormes Engagement und einen enormen Aufwand betreiben, um sicherzustellen, dass ihre Kinder ausreichend herausgefordert sind.
Ich finde es sehr wichtig zu bedenken, dass Kinder neben ihren intellektuellen Lernwegen ganzheitlich und auch handlungsorientiert gefördert werden.
Das könnte z. B. bedeuten, dass sie neben dem Betrachten oder Erzählen der Sachinhalte selbst aktiv werden, wenn sie sich intensiv mit Schiffen oder auch mit dem Weltall beschäftigen. Dies könnte im frühen Alter z. B. durch Zeichnen, Bauen, Basteln, Theater und Rollenspiele geschehen. Den Kindern wird so die Möglichkeit gegeben, sich handelnd mit Sachinhalten auseinanderzusetzen, Ideen zu entwickeln und auszuprobieren oder in eigene Welten einzutauchen. Auf diese Weise können sie, unabhängig von äußerer Anregung, zunehmend selbständig eigenen Ideen und Lernwegen folgen. Auf diese Weise lernen sie ihre intrinsische Motivation, ihre Fantasie und ihre Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen kennen.
Wie können Sie Ihr Kind beim handlungsorientierten Lernen unterstützen?
In diesem Zusammenhang lohnt es sich, auf freie Situationen zu achten (Konzept von Marte Meo). In diesen Situationen stehen kindliche Initiativen im Mittelpunkt. Kind tut, Eltern verbalisieren. Die Eltern folgen, durch Beobachten, dem Kind aufmerksam. Die Kinder werden auf ihrem individuellen Lernweg durch die Verbalisierung ihrer Handlungen, Initiativen und Gefühle angeregt. Sie fühlen sich gesehen. So gewinnen an Selbstvertrauen und lernen ihre eigenen Ideen kennen.
Starke Gefühle begleiten
Wie die Beispiele zu Beginn des Blogartikels „Hochbegabte, hochsensible Kleinkinder - zwischen Gefühlsausbrüche und Langeweile“ zeigen, sind es die starken Gefühle der Kinder, mit denen die Eltern konfrontiert werden. Unterforderung, Überforderung oder auch Entwicklungsbedarf in der Emotionsregulation können die Ursachen sein.
Im Elterncoaching zeigt sich manchmal, dass Eltern, weil die Kinder intellektuell so stark sind, dazu neigen, vielleicht auch aus eigener Veranlagung, die Kinder mit ihren Gefühlen in intellektueller Weise zu begleiten. Das kann z. B. so aussehen: Nach einem Gefühlsausbruch wird darüber gesprochen, warum es zu diesem Gefühlsausbruch gekommen ist und wie man sich in Zukunft verhalten könnte. Oft zeigt sich auch, dass das intellektuelle Tempo und das Tempo der emotionalen Regulation sehr unterschiedlich sein können. Zur Unterstützung des Kindes beim Erlernen eines besseren Umgangs mit seinen Gefühlen braucht es Informationen für seine Selbstwahrnehmung.
In schwierigen Momenten
Den Gefühlen Worte geben
In Momenten, in denen die Gefühle sehr stark sind, hilft es den Kindern, wenn sie Worte für ihre Gefühle bekommen, damit sie sich nicht so allein fühlen, ihre Gefühle wahrnehmen und regulieren können. Auf diese Weise können sie sich zunehmend selbst ausdrücken. Man kann Handlungen, Initiativen und Gefühlen Worte geben. Kinder werden in ihrer Selbstwahrnehmung – einer wichtigen Grundlage der Selbstregulation – durch »Worte geben« gestärkt. Oft sind es feine Nuancen von Gefühlen, die sich im Gesicht zeigen. Manchmal ist es ein feines Hochziehen der Mundwinkel, das ein Lächeln andeutet. Oder die Augen des Kindes, die nachdenklich nach oben wandern.
Anschluss und Schritt-für-Schritt-Anleitung
Diese dient dazu, dass das Kind und die Begleitperson im selben Projekt sind. Die Verbindung kann z. B. durch eine Berührung, ein Lächeln, das Nennen des Namens, das Wiederholen von Äusserungen des Kindes, das Geben von Worten (ohne Wertung oder Beurteilung), einen einladenden Tonfall oder durch das Näherkommen zum Kind hergestellt werden. Auf diese Weise kann eine emotionale Basis für die Kooperationsbereitschaft des Kindes geschaffen werden. Erst dann kann das Kind Schritt für Schritt angeleitet werden. Das Tempo und die Menge der Informationen müssen dabei angemessen sein.
Benennen (sich selbst Worte geben)
Indem man den eigenen Handlungsimpulsen Worte gibt, wird man für das Kind vorsehbar. So wissen die Kinder, woran sie sind. Das gibt ihnen Struktur und Orientierung. Schön ist es, wenn den eigenen Gefühlen Worte gegeben werden (z. B. „Ich bin heute so fröhlich“, „Das macht mich gerade so wütend“, „Ich freue mich sehr“ und so weiter). Auf diese Weise kann das Kind so viel wie möglich von der Rolle der begleitenden Person als Vorbild profitieren. Das Kind hat die Möglichkeit, durch Nachahmung u. a. den Umgang mit Gefühlen zu erlernen.
Längerfristige Begleitung
Aufmerksam warten, folgen und benennen
In der Begleitung von Kindern mit der Marte Meo-Methode wird der Fokus nicht auf Problemsituationen gelegt. Freie Situationen, das Kind tut, die Eltern folgen aufmerksam und verbalisieren die Handlungen/Initiativen und Gefühle des Kindes, werden genutzt, um die Kinder in ihrer Emotionsregulation zu unterstützen, damit sie Selbstvertrauen gewinnen, auf ihrem Weg ermutigt werden, positive Aufmerksamkeit bekommen und Ideen entwickeln können. Auf diese Weise verfügen sie in anspruchsvollen Momenten über hilfreiche Ideen und eine innere Struktur, um mit den Schwierigkeiten umgehen zu können. Die Kinder werden in freien Situationen von den Eltern mit voller Aufmerksamkeit und Interesse begleitet und beobachtet. Das Kind braucht Zeit und Raum, um seine nonverbalen und verbalen Handlungsimpulse aus sich selbst herauszuentwickeln. Mögliche Handlungsimpulse sind Handlungen, Gefühle, Blicke, Laute und Bewegungen.
Eine gute Atmosphäre
Hierzu gehören ein freundliches Gesicht und eine einladende Stimme. Beides sind Elemente, die das Kind beim Abrufen dessen, was es bereits weiss, unterstützen und zur Kooperation einladen. Wie schön ist es, wenn das Kind beim Blick in ein ermutigendes Gesicht erfährt: Ich werde gesehen und bin auf dem richtigen Weg. Wie wirkungsvoll ein freundlicher Gesichtsausdruck auch für die Emotionsregulation sein kann, ist in den Filmen immer wieder eindrücklich zu sehen.
In der längerfristigen Begleitung spielen auch Elemente aus schwierigen Momenten eine wichtige Rolle
Da sich solche emotionalen Hochphasen oft über mehrere Wochen/Monate hinziehen, haben sich die Eltern zum Teil auch Strategien angeeignet, um solche emotionalen Ausbrüche so weit wie möglich zu vermeiden. Häufig geschieht dies in Form von Fragen wie „Willst du das so oder so haben?“, in der Hoffnung, dem Kind damit alles recht zu machen. Oft ist die Überforderung des Kindes durch die vielen Fragen die Folge. Nach dem Marte Meo Prinzip stärkt „Sagen statt Fragen“ das Kind in seiner Selbstwahrnehmung und legt damit die Basis für seine Selbstregulation.
Ihr Kind kann davon profitieren, wenn Sie in positiver Weise die Leitung in der Situation übernehmen. Das gelingt besonders gut, wenn es sich selbst Ihren Handlungen, Initiativen und Gefühlen Worte gibt (siehe sich selbst benennen). Dies gibt dem Kind Orientierung und Struktur.
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